Innenministerkonferenz: Sicherheit im Zug und Abschiebungen
Bei der Innenministerkonferenz in Bremerhaven geht es um die Bekämpfung von Gewalt im öffentlichen Raum, und um Wetten im Amateursport. Auch Abschiebungen nach Afghanistan sollen besprochen werden.


Bremerhaven (dpa) - Bei ihrer Frühjahrskonferenz wollen die Innenminister von Bund und Ländern über elektronische Fußfesseln für Gewalttäter, die Bekämpfung von sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche sowie den Umgang mit der AfD beraten. Der neue Bundesinnenminister, Alexander Dobrindt (CSU), wird bei der dreitägigen Konferenz - wie seine Vorgängerin Nancy Faeser von der SPD - die Frage beantworten müssen, wann der nächste Abschiebeflug für Straftäter und gefährliche Islamisten nach Afghanistan startet.
Auf der Tagesordnung des Treffens in Bremerhaven, das am Mittwochabend eröffnet wird, stehen auch Themen wie die Stärkung des Bevölkerungsschutzes und der Zivilen Verteidigung, Wetten im Amateursport und der Umgang mit Silvesterfeuerwerk. Die Länder wünschen sich mehr Gestaltungsmöglichkeiten bei der Einrichtung sogenannter Böllerverbotszonen. Vorsitzender der Innenministerkonferenz ist in diesem Jahr Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD). Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sagte Mäurer: «Ich würde privates Silvesterfeuerwerk am liebsten verbieten.» Zusammen mit Berlin habe er einen pragmatischen Vorschlag vorgelegt. Die Kommunen sollten selbst entscheiden, Feuerwerk dort zu verbieten, wo es Probleme mache.
Mehr Polizeibeamte in Zügen
Weitgehend einig ist man sich nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur bei bundesweiten Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit in Zügen. Hier soll eine Empfehlung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe aufgegriffen werden, Vollzugsbeamten der Bundespolizei auch dann eine kostenfreie Nutzung von Zügen zu gestatten, wenn sie nicht in Uniform unterwegs sind. Wie sich die Beamtinnen und Beamten in einem solchen Fall bei der Fahrscheinkontrolle ausweisen müssen, war zuletzt noch Gegenstand von Beratungen.
Abschiebungen nach Afghanistan
Jetzt, wo die Union wieder den Bundesinnenminister stellt, ist von den Innenministern mit CDU- beziehungsweise CSU-Parteibuch weniger Kritik am Bund als bei den vorherigen Treffen der Runde zu erwarten. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann sagte der «Augsburger Allgemeinen», man werde auch «intensiv darüber sprechen, wie die aktuelle Flüchtlingslage einzuschätzen ist». Dazu gehöre die Umsetzung der weiteren Maßnahmen und der Erfahrungsaustausch über die Auswirkung von Grenzkontrollen. «Wir müssen die Migrationswende fortsetzen», forderte der CSU-Politiker.
Auch aus dem Innenministerium in Magdeburg hieß es, man wolle Rückenwind für die auf Bundesebene eingeleitete Migrationswende geben. Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) lobt die verschärften Grenzkontrollen, betont jedoch gleichzeitig: «Klar ist, dass weitere Maßnahmen folgen müssen.» Dazu zähle aus ihrer Sicht weiterhin die Abschiebung ausreisepflichtiger «Gefährder» und Straftäter - auch nach Afghanistan und Syrien.
Seit der Machtübernahme durch die islamistischen Taliban in Kabul 2021 gab es auch Deutschland keine Abschiebungen nach Afghanistan - mit einer Ausnahme. Mit Hilfe von Katar wurden im August vergangenen Jahres 28 Straftäter nach Kabul geflogen. Um Abschiebungen nach Syrien wieder zu ermöglichen, hatte Faeser kurz vor ihrem Ausscheiden aus dem Amt Kontakt zu der syrischen Übergangsregierung aufgenommen.
Praktische Fragen rund um Abschiebungen
Die Länder waren zuletzt außerdem an den Bund herangetreten, um die Beschaffung von Passersatzpapieren für Ausreisepflichtige effektiver zu gestalten. Seit 2018 kümmern sich die Bundespolizei und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) gemeinsam darum, diese für Rückführungen von Menschen ohne Ausweisdokumente für Ausreisepflichtige aus 32 Herkunftsländern zu beschaffen.
Umgang mit AfD nicht auf der Tagesordnung
Der Ruf einiger gesellschaftlicher Gruppen und Politiker nach einem AfD-Verbot steht in Bremerhaven nicht auf der Tagesordnung. Ein solches Verbot könnten Bundesregierung, Bundestag oder Bundesrat beantragen. Entscheiden müsste am Ende in jedem Fall das Bundesverfassungsgericht.
Auch das aktuelle Gutachten des Verfassungsschutzes, auf dessen Grundlage der Nachrichtendienst die Partei Anfang Mai als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft hatte, ist nicht Teil der offiziellen Tagesordnung.
Zurückhaltung üben die Ressortchefs, weil das Bundesamt für Verfassungsschutz zugesagt hat, die AfD bis zu einer Entscheidung des Kölner Verwaltungsgerichts nicht entsprechend zu beobachten, sondern weiterhin als Verdachtsfall zu bearbeiten. Zudem würden Dobrindt, Bayerns Innenminister Herrmann und mehrere CDU-Innenminister die Verbotsdebatte gerne beenden. Sie halten einen entsprechenden Antrag für nicht zielführend und wollen die Partei lieber politisch attackieren. Dobrindt bekräftigte in den ARD-«Tagesthemen», ein Verbotsverfahren wäre Wasser auf die Mühlen der Opfererzählung der AfD. Er wolle die AfD lieber «wegregieren».
Dobrindt hatte diese Woche, auf Fragen von Journalisten zum Umgang mit AfD-Mitgliedern im Staatsdienst - jetzt und im Fall, dass die neue Einstufung durch den Verfassungsschutz vor Gericht Bestand haben sollte - darauf hingewiesen, dass eine bloße Parteimitgliedschaft kein Grund für eine Entlassung oder Nicht-Einstellung sei. Der CSU-Politiker sagte, es komme, wenn jemand die Zugehörigkeit zu einer extremistischen Vereinigung bejahe, im Einzelfall auf die «Einstellung zu diesem extremistischen Gedankengut» an. Das würde dann jeweils entsprechend geprüft und hinterfragt werden «und danach die notwendigen Entscheidungen getroffen».