Kanada empfängt seinen König - Hilft das gegen Trump?
Charles ist nicht nur britisches Staatsoberhaupt, sondern auch König von Kanada. Angesichts der Begehrlichkeiten von US-Präsident Trump muss er bei seinem Besuch einen Drahtseilakt vollziehen.


London/Ottawa (dpa) - Kanada soll der «geliebte 51. Staat» der USA werden - so hätte es US-Präsident Donald Trump gerne. Doch bei den Kanadiern kommt das gar nicht gut an: Trumps Fantasien verschafften der eigentlich schon abgeschriebenen Liberalen Partei Kanadas bei der Parlamentswahl im vergangenen Monat einen unverhofften Sieg - wohl weil sich der Spitzenkandidat der Konservativen Partei sehr als Trump-Kopie in Szene setzte.
Der neue Premierminister des Landes, Mark Carney, stellte dagegen klar: «Kanada steht nicht zum Verkauf, und das wird es auch nie.» Trump beeindruckte das nicht wirklich. Doch der frühere Chef der Bank of England hat noch ein Ass im Ärmel, oder besser gesagt: einen König.
Trump verehrt Charles geradezu
Charles III. (76) und seine Frau Camilla (77) besuchen die frühere britische Kolonie in dieser Woche auf Einladung Carneys. Als unabhängiger Staat hat Kanada die Monarchie im Rahmen Commonwealth of Nations beibehalten. Der König ist von der kanadischen Verfassung als solcher anerkannt und wird am Dienstag im Parlament in Ottawa eine Thronrede halten.
Die Zeremonie der Parlamentseröffnung zählt in Großbritannien zu den wichtigsten Aufgaben des Monarchen - in Kanada übernimmt er diese Aufgabe dagegen sehr selten, am Dienstag zum ersten Mal seit Jahrzehnten.
Trump verehrt den britischen König geradezu. «Es ist eine Ehre, ein Freund von Charles zu sein. Ich habe viel Respekt vor König Charles», erklärte er kürzlich und schwärmte über seinen anstehenden zweiten Staatsbesuch in Großbritannien, zu dem ihn der König im Auftrag der Regierung eingeladen hatte.
König ist in «schwieriger Lage»
Was Charles über Trump und dessen Annexionspläne denkt, ist nicht bekannt. Doch dass der Brite alles andere als angetan sein dürfte von der Idee, liegt laut dem Verfassungsrechtler Craig Prescott von der Londoner Universität Royal Holloway auf der Hand.
«Er ist in einer sehr schwierigen Lage», sagte er im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur und fügte hinzu: «Konstitutionell verkörpert er zwei verschiedene Personen.» Zum einen sei Charles als britischer König gezwungen, den Trump-freundlichen Kurs der Regierung in London zu unterstützen. Zum anderen muss er auch den Menschen in Kanada und der dortigen Regierung gerecht werden, die aus offensichtlichen Gründen eine ganz andere Haltung einnimmt.
Der Besuch und die Parlamentseröffnung seien daher wie die Quadratur des Kreises. «Sie machen deutlich, dass Kanada anders ist und eine ganz andere politische und verfassungsrechtliche Tradition als die USA hat», sagt Prescott. Übelnehmen könne Trump dem König das aber kaum. «Weil es vollkommen legitim ist, dass der König von Kanada nach Kanada reist und das kanadische Parlament eröffnet.»
Carney kann den König für sich sprechen lassen
Was Charles denkt, wird auch bei der Rede nicht offenbar werden. Genau wie im Vereinigten Königreich ist die Ansprache des Monarchen bei der Parlamentseröffnung in Wirklichkeit eine Regierungserklärung des Premierministers, die vom König schlicht verlesen wird. Mark Carney kann also den König für sich sprechen lassen.
Spannend sei nun, wie weit Carney dabei gehe. «Wird es in der Rede um die kanadische Souveränität und die kanadische Nation gehen?» Die Zeremonie werde ein großer Moment werden, auf den die Augen der Welt gerichtet sein werden, ist sich Prescott sicher.
Im Drahtseilakt steckt auch eine Chance
Es ist das erste Mal, dass Charles als Monarch nach Kanada reist, beim vorherigen Besuch war er noch Prince of Wales. Und es ist erst das dritte Mal, dass ein Monarch in Kanada das Parlament eröffnet: Seine Mutter, Queen Elizabeth II., sorgte 1957 für die Premiere und hielt die Rede auch 1977 noch einmal.
Für Charles und das britische Königshaus bietet der Drahtseilakt sogar auch eine Chance: In Kanada sprach sich in Umfragen zuletzt eine klare Mehrheit der Menschen für eine Abschaffung der Monarchie aus. «Es ist eine Gelegenheit für ihn, nach Kanada zu gehen und den Wert der Monarchie zu demonstrieren in diesen ungewöhnlichen Umständen», so Verfassungsrechtler Prescott.