Arbeitsgerichte ohne Arbeit - Strukturreform eingeleitet
Weniger Verfahren, noch weniger Entscheidungen: Den Arbeitsgerichten in NRW geht die Arbeit aus. Nun kommen vor allem die kleinen Standorte auf den Prüfstand.


Düsseldorf (dpa/lnw) - Den Arbeitsgerichten in Nordrhein-Westfalen geht die Arbeit aus. NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) hat deswegen eine Strukturreform angestoßen und schließt die Zusammenlegung von Gerichtsbezirken nicht aus.
20 Prozent weniger Verfahren binnen zehn Jahren und 43 Prozent weniger Beschlussverfahren: Weil die Personal- an die Verfahrenszahlen gekoppelt sind, stoßen kleinere Gerichtsstandorte mit vier oder weniger Richtern inzwischen an ihre Grenzen.
Bei einzelnen Personalausfällen stehe inzwischen an kleinen Standorten der Geschäftsbetrieb des Gerichts auf dem Spiel. Nordrhein-Westfalen hat 30 Arbeitsgerichte und drei Landesarbeitsgerichte. 18 der 30 Arbeitsgerichte haben vier oder weniger Richter, manche nur zwei.
Gerichtspräsidenten für Strukturreform
Die drei Präsidenten der Landesarbeitsgerichte begrüßten die Reformpläne in Düsseldorf. Organisatorisch sei es immer schwieriger geworden und bedürfe bereits einiger Kunstgriffe, Personalausfälle zu kompensieren. Erkrankungen einzelner Richter führten zu Terminverschiebungen, die für die Streitparteien ärgerlich seien.
«In den kleinen Dienststellen stoßen wir zunehmend an unsere organisatorischen Grenzen. Ausfälle zu organisieren gelingt nur durch eine sehr aufwendige Personalsteuerung», sagte der Präsident des Landesarbeitsgerichts Hamm, Holger Schrade.
Mit Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und den Mitarbeitern der Gerichte soll nun nach Lösungen gesucht werden. Neben der Aufgabe einzelner Standorte kämen auch sogenannte auswärtige Gerichtstage infrage, bei denen die Richter nur für die Verhandlungen vor Ort kommen.
Lösungen gesucht
Zudem könnten Video-Verhandlungen lange Wege ersparen. Er habe bewusst keine Zielgröße festgelegt, sagte Limbach. Bis Jahresende sollen die Beteiligten befragt und Lösungsvorschläge diskutiert werden. Dann werde er einen Vorschlag unterbreiten.
Die kleinsten Gerichtsstandorte sind nach Auskunft der Landesarbeitsgerichtspräsidenten Solingen, Oberhausen, Arnsberg, Detmold, Siegburg und Herford.
Die Zahl der Mitarbeiter der Arbeitsgerichte in NRW sank von 788 im Jahr 2014 auf inzwischen nur noch 707. Als Ursache für die rückläufige Zahl der Verfahren nannten die Gerichtspräsidenten die gute wirtschaftliche Konjunktur der vergangenen Jahre sowie den Trend zur außergerichtlichen Streitbeilegung.