Ministerium: Paul ging wegen Terminen nicht ans Handy
Das Kommunikationsloch um Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) nach dem Anschlag von Solingen wirft immer neue Fragen auf. Die SPD will sie endlich im Untersuchungsausschuss vernehmen.


Düsseldorf (dpa/lnw) - Das Flüchtlingsministerium reagiert auf Vorwürfe, Ministerin Josefine Paul (Grüne) sei am Tag nach dem Anschlag von Solingen nicht erreichbar gewesen: Sie sei in dem «Zeitfenster» mit den Gastgebern in einer französischen Gedenkstätte gewesen, sagte eine Sprecherin zur Deutschen Presse-Agentur.
Berichte des «Kölner Stadt-Anzeigers» hatten die Opposition im Landtag auf den Plan gerufen. Der «Stadt-Anzeiger» berief sich auf Protokolle, die inzwischen auch der dpa vorliegen. Demnach hatte Pauls Staatssekretär die Ministerin am 24. August – dem Tag nach dem Anschlag – gegen 18 Uhr auf zwei Handys erfolglos angerufen. Eine halbe Stunde zuvor hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eine Akte an das Flüchtlingsministerium geschickt.
Aus einer internen E-Mail geht hervor, dass das Ministerium zu diesem Zeitpunkt inoffiziell wusste, worum es geht: Der Syrer aus der Akte war nämlich der Tatverdächtige des Anschlags. Die offizielle Bestätigung für diesen Zusammenhang bekam das Ministerium laut einer Sprecherin erst einen Tag danach durch das Landeskriminalamt (LKA).
Paul war auch Sonntag zunächst nicht zu erreichen
Auch dann – es war inzwischen Sonntag – war Paul zeitweise demnach nicht zu erreichen. Auf eine morgendliche SMS von Innenminister Herbert Reul (CDU) reagierte sie zunächst nicht. Laut den Telefon-Protokollen versuchte später unter anderem Vize-Ministerpräsidentin Mona Neubaur (Grüne) ihre Parteifreundin Paul innerhalb einer Viertelstunde dreimal zu erreichen – ohne Erfolg.
Laut einer Sprecherin war Paul «ab Sonntagvormittag» bei der offiziellen Gedenkveranstaltung zum 50. Jahrestag des Massakers deutscher Soldaten im französischen Maille. Die Zeremonie habe «keine Telefonate oder Ähnliches» zugelassen.
«Sobald die Rede von Ministerin Paul beendet war, hat sie umgehend die Reise abgebrochen und ist nach Düsseldorf zurückgekehrt. Aus dem Dienstwagen heraus hat sie bereits mit Ministerpräsident Wüst und der stellvertretenden Ministerpräsidentin Neubaur gesprochen und sodann digital das Kabinett über erste Erkenntnisse informiert», sagte die Sprecherin.
Ansonsten habe Pauls persönlicher Referent, der sie in Frankreich begleitet hatte, den Kontakt nach Düsseldorf gehalten und sie «kontinuierlich auf dem Laufenden gehalten.»
SPD-Fraktionschef Ott stellt Ministerin infrage
Der FDP-Abgeordnete Marc Lürbke sagte dazu: «Die nun öffentlich gewordenen Abläufe im Ministerium von Josefine Paul belegen auf erschreckende Weise: In den Tagen der höchsten Krise war die zuständige Ministerin offenbar schlicht abgetaucht – nicht erreichbar für den Staatssekretär, nicht ansprechbar für den Innenminister, und das über viele Stunden hinweg.»
SPD-Fraktionschef Jochen Ott forderte erneut, Paul zeitnah im Untersuchungsausschuss des Landtags zu vernehmen. Bislang sei das erst für Ende des Jahres geplant. Die schwarz-grüne Koalition verhindere damit die von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) versprochene Aufklärung. «Ob diese Ministerin im Amt bleiben kann, wage ich doch sehr zu bezweifeln», sagte Ott.