Notfallmediziner will Ersthelfer-Apps gesetzlich verankern
Ersthelfer-Alarmierungen per Smartphone sollen bei Herz-Kreislauf-Stillständen Leben retten. Erfolgreich, sagt ein Notfallmediziner. Doch die Einführung der Apps ist bislang freiwillig.


Essen (dpa/lnw) - Aus Sicht eines Experten für Notfallmedizin sollte der Einsatz von Ersthelfer-Apps verpflichtender Teil der Rettungskette bei Herz-Kreislauf-Stillständen werden. Mithilfe solcher Alarmierungssysteme werden qualifizierte Freiwillige, die sich zufällig in der Nähe aufhalten, per Smartphone zur Reanimation gerufen. «Wir müssen alles daran setzen, die qualifizierte erste Versorgung bei Herz-Kreislauf-Stillständen zu verbessern», sagte Clemens Kill, Direktor am Zentrum für Notfallmedizin in Essen und Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Rettungsdienst und Notfallmedizin (DGRN).
Laut Deutschem Rat für Wiederbelebung erleiden jährlich 120.000 Menschen einen solchen Herzstillstand, nur jeder Zehnte überlebt. Der Rettungsdienst brauche im Schnitt neun Minuten, um vor Ort zu sein. «Ersthelfer-Apps bieten eine gute Chance in drei, vier Minuten jemanden am Notfallort zu haben, der dann auch weiß, was zu tun ist und der die Zeit überbrückt, bis der Rettungsdienst da ist», sagte der Mediziner. «In den meisten Notfällen kommt es nicht auf fünf oder zehn Minuten an. Nicht jedoch beim plötzlichen Herz-Kreislauf-Stillstand», erklärte Kill. «Da zählt jede Sekunde.»
Experte will auch Feuerwehr und Polizei einbinden
Eine gesetzliche Verankerung von Ersthelfer-Apps hält er daher auch für längst überfällig: «Es kann ja nicht sein, dass der Staat, wenn es um Leben und Tod geht, einfach hofft, dass Leute sich zusammentun und etwas auf die Beine stellen», betont er. «Das muss in die gesetzlichen Grundlagen zum Rettungsdienst rein.»
Kill plädierte auch dafür «die gesamte Blaulichtfamilie» in das Alarmierungssystem einzubinden: «Auch Polizisten und Feuerwehrleute wissen, wie man reanimiert.»
Laut einer Untersuchung der ADAC Stiftung aus dem vergangenen Jahr nutzt weniger als die Hälfte der deutschen Leitstellen ein Smartphone-basiertes Ersthelfernetzwerk. Außerdem gibt es verschiedene Anbieter, die untereinander bisher nicht ausreichend vernetzt sind und unterschiedliche Standards haben. Die erste App dieser Art war 2013 die Anwendung «Mobile Retter», es folgten mehrere ähnliche Angebote.