Protest gegen Nestlé-Schrumpfkurs
Der Lebensmittelkonzern Nestlé schließt zwei Produktionsstätten in Deutschland, weil es anderswo billiger geht. Die Arbeitnehmer wollen den permanenten Schrumpfprozess nicht mehr hinnehmen.


Frankfurt/Main (dpa) - Arbeitnehmer des Nahrungsmittelkonzerns Nestlé haben gegen den weiteren Abbau von Arbeitsplätzen in Deutschland demonstriert. Konkret geht es bei der Kundgebung vor der Nestlé-Deutschlandzentrale in Frankfurt um gut 230 Jobs an den Standorten Neuss bei Düsseldorf und Conow in Mecklenburg-Vorpommern. Die Gewerkschaft NGG sieht darin die Fortsetzung einer langfristigen Entwicklung beim größten Lebensmittelhersteller der Welt, um den Profit zu maximieren.
Belegschaft fast halbiert
Angesichts drohender Entlassungen sei die Kommunikationskampagne mit dem Motto #UnterwegsNachBesser für die Mitarbeitenden ein schlechter Scherz, sagt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Nestlé Deutschland, Andreas Zorn. Er klagt: «So geht das schon lange. Seit Jahren baut Nestlé in Deutschland drastisch Arbeitsplätze ab und verlagert die Produktion - etwa in Länder Osteuropas, wo die Löhne viel niedriger sind.» Aus einstmals 12.400 Beschäftigten in Deutschland im Jahr 2014 seien nunmehr noch 6.500 geworden, die Investitionen in die Werke seien zu niedrig, meint Zorn. «Wenn das so weitergeht, haben wir in 20 Jahren kein einziges Nestlé-Werk mehr in Deutschland.»
Nicht alle Jobs fallen weg
Nach Firmenangaben sollen der Standort in Neuss Mitte 2026 geschlossen und das Werk in Conow (Mecklenburg-Vorpommern) verkauft werden. Dort sollten die 80 Beschäftigten vom Käufer übernommen werden. 30 Jobs zur Produktion von Senf- und Mayonnaise-Tuben würden aus Neuss nach Lüdinghausen bei Münster verlegt und den betroffenen Mitarbeitern angeboten.
Nestlé werde auch künftig in Deutschland produzieren, erklärt eine Sprecherin des Unternehmens. Die Entscheidungen zu den beiden Werken seien nicht leichtgefallen. «Steigende Preissensibilität von Verbrauchern sowie gestiegene Kosten haben in den letzten Jahren zu sinkenden Volumen und Überkapazitäten im Bereich der kulinarischen Produkte geführt.»
Die rund 300 Demonstranten kritisierten hingegen, dass ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen Jobs verlagere, um die Rendite noch weiter zu steigern. Sie trugen Plakate mit dem Slogan «Mensch vor Marge» oder «Missmanagement vernichtet Arbeitsplätze.»
Fast 11 Milliarden Franken Gewinn
Im vergangenen Jahr ist der globale Umsatz von Nestlé um 1,8 Prozent auf 91,4 Milliarden Schweizer Franken gesunken. Auch der Gewinn ging um 2,9 Prozent zurück, betrug aber dennoch 10,9 Milliarden Franken. Der neue Konzernchef Laurent Freixe hatte schon zuvor Sparmaßnahmen angekündigt.
Bei den Sozialplan-Verhandlungen für Neuss sei man gut vorangekommen, berichtet die Nestlé-Sprecherin. Dort werde es Angebote für Altersteilzeit und eine Transfergesellschaft geben, mit deren Hilfe Mitarbeiter sich weiterbilden und qualifizieren könnten.