Von wegen langweilig: Ideen gegen den Wander-Frust
Wandern mitten in der Stadt? Oder vielleicht zusammen mit einem Lama? In Nordrhein-Westfalen gibt es viele Möglichkeiten, einen Wanderausflug mal ganz anders zu gestalten.


Essen (dpa/lnw) - Die Wanderschuhe schnüren und raus in die Natur! Dazu ruft der Tag des Wanderns am 14. Mai auf. Aber wenn das mal immer so einfach wäre: Mal haben die Kinder keine Lust oder der nächste schöne Wald ist weit weg. Dabei gibt es einige Möglichkeiten, auch mal ungewöhnlich wandern zu gehen.
Urban Hiking in Essen
Raus ins Grüne und die unberührte Natur genießen? Von wegen. Beim Urban Hiking machen immer mehr Großstädte aus der Not eine Tugend und locken Wanderer mitten in die dicht bebaute Stadt. In Essen führt der Zollverein-Steig vorbei an Halden, Kokereien, Fabrikhallen und schließlich zum Weltkulturerbe Zollverein.
Wanderschuhe braucht man in der Stadt nicht, Turnschuhe reichen völlig. Und natürlich sind die Routen «instagrammable» geplant - also mit vielen Gelegenheiten für Fotos von der alten Industriekultur.
Das Ruhrgebiet hat beim Urban Hiking noch große Pläne: Bis 2027 soll es 15 weitere Wanderrouten durch die Städte geben. «Das Ruhrgebiet mit seinen Ecken und Kanten kann hier punkten wie kaum eine andere Destination», sagt Projektleiter Christoph Lottritz von der Ruhr Tourismus GmbH.
Mit Kindern kleine Abenteuer erleben
Wandern kann auch ein Abenteuer für die ganze Familie sein - vorausgesetzt, man stellt es richtig an. «Das schlimmste ist doch, wenn die Eltern 20 Kilometer geradeaus wandern wollen - und die Kinder langweilen sich zu Tode», sagt Benjamin Stapf, Erlebnispädagoge im Naturfreundehaus Hardt in Bergisch Gladbach. Sein Tipp: besondere Erlebnisse einbauen.
Das fängt bei der Planung an: Kinder sollten mitentscheiden dürfen, wohin die Wanderung führt - etwa zu einer Ruine oder einer Flussmündung. Unterwegs sei es wichtig, genügend Zeit für die kleinen Entdeckungen am Wegesrand einzuplanen, damit die Kinder an einer spannenden Wurzel oder einem Bachlauf auch spielen und ihre Fantasie ausleben könnten.
Findet man unterwegs etwa eine Feder, kann man sich beim Weiterlaufen Geschichten zu dem Tier ausdenken, das sie verloren hat. Oder man läuft eine Zeit lang neben dem Weg durch das Unterholz. «Vielleicht gibt es dann noch ein Eis oder die Pommes im Waldcafé als Belohnung - oder man macht im Sommer ein Picknick. Solche kleinen Motivationen sind für Kinder ganz wichtig», sagt Stapf.
Wandern mit Tieren
Auch ein ungewöhnlicher Wegbegleiter kann jede Wanderung zu etwas Besonderem machen. Ein Ausflug mit Eseln, Lamas oder Schafen ist für Kinder auf jeden Fall etwas Besonderes - aber auch für Erwachsene, die aus dem hektischen Alltag fliehen wollen.
«Viele suchen Entspannung und Entschleunigung, wollen einfach mal die Seele baumeln lassen», sagt Andrea Eikelmann, die mit Prachtlamas Lama-Wanderungen in Gelsenkirchen anbietet. «Lamas haben so etwas Sanftes, Freundliches», sagt sie. «Sie nehmen die Menschen, wie sie sind, und strahlen eine Herzenswärme aus. Das tut einfach gut.»
Jede Lama-Wanderung beginnt mit einem einstündigen Kennenlernen auf der Weide. Dann können Besucher mit den Tieren auf verschieden lange Wanderungen gehen. «Einem Tier so nah zu sein und gemeinsam ein Abenteuer zu erleben, das ist etwas Besonderes», sagt Eikelmann.
Mit allen Sinnen: Waldbaden
In der japanischen Volksmedizin ist Shinrin Yoku seit Jahren beliebt - und auch in Nordrhein-Westfalen gibt es inzwischen zahlreiche Angebote. Beim Waldbaden geht es nicht darum, eine Strecke zurückzulegen - sondern sich viel Zeit zu nehmen und die heilsame und entspannende Wirkung des Walds mit allen Sinnen wahrzunehmen.
Fast überall in Nordrhein-Westfalen gibt es inzwischen Anbieter, die kleine Gruppen beim entschleunigenden Eintauchen in den Wald begleiten - oft kombiniert mit Yoga-Übungen im Wald.
In Kalletal (Kreis Lippe) im Teutoburger Wald gibt es Deutschlands ersten Waldbaden-Pfad. An zehn Stationen können Besucher unterstützt von einer Audio-App den Wald ganz bewusst riechen, sich an einen Baum anlehnen oder den Waldboden spüren.
Extremwandern, bis die Füße schmerzen
Wie weit soll die Wanderung gehen? 42 Kilometer, 75 oder gleich 100? Beim Extremwandern sollen die Teilnehmer ihre Grenzen austesten und über sich hinauswachsen. Ohne Vorbereitung und einen mehrmonatigen Trainingsplan sind solche Distanzen Experten zufolge allerdings nicht zu schaffen.
Trotzdem erfreuen sich die Extrem-Touren, die in der Regel professionell organisiert sind, zunehmender Beliebtheit. Rund 13.000 Menschen waren im April beim jüngsten Mammutmarsch Ruhrgebiet dabei. Im Juli ist der Mammutmarsch NRW geplant - dort gibt es eine 75 und eine 100 Kilometer lange Strecke, mit Start und Ziel in Essen.
Für Langstrecken-Neulinge dürfte eher der 30. August das nächste realistische Ziel sein: Im Duisburger Landschaftspark Nord starten dann Nacht-Wanderungen mit 30 und 42 Kilometern Länge.