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Geständnisse im Prozess um illegale Zigarettenfabriken

Im vergangenen Oktober wurden in Nordrhein-Westfalen zwei illegale Zigarettenfabriken ausgehoben. Die ersten der 19 Verdächtigen haben vor Gericht gestanden.

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Prozess gegen 19 Angeklagte wegen illegaler Zigarettenfabriken Roberto Pfeil/dpa

Düsseldorf (dpa) - Nach dem Auffliegen von zwei illegalen Zigarettenfabriken in Nordrhein-Westfalen haben die ersten Angeklagten gestanden, dort gearbeitet zu haben. In Düsseldorf begann am Morgen der Prozess gegen 19 Männer aus Osteuropa. Ihnen wirft die Wuppertaler Staatsanwaltschaft vor, fast fünf Millionen Euro Tabaksteuern hinterzogen oder Beihilfe dazu geleistet zu haben. 

In der Zeit von Mai bis Oktober 2024 sollen sie als Mitglieder einer kriminellen Bande in Velbert und Radevormwald an der Herstellung von Millionen Zigaretten beteiligt gewesen sein. 

Allerdings sitzen zwischen den 38 Verteidigern im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichts vor allem die kleinen Fische: Arbeiter, die in osteuropäischen Ländern angeworben wurden und erst vor Ort allmählich mitbekamen, dass ihre Arbeit wohl nicht legal war.  

Ihm sei Arbeit auf einer Baustelle in Aussicht gestellt worden, erklärte einer der Männer über seinen Anwalt. Erst in Radevormwald sei ihm gesagt worden, dass er an den Produktionsmaschinen arbeiten solle. «Mir wurde etwas vorgemacht. Ich konnte kein Deutsch, wusste nicht, wo ich war», sagte er aus. «Ich habe mich gefürchtet.» 

Handys abgenommen, Türen abgeschlossen

Sein Handy sei ihm abgenommen worden. Die Türen seien abgeschlossen gewesen. Er habe befürchtet, dass die Arbeit gesundheitsschädlich für ihn sein könnte. Bis zu seiner Festnahme habe er keinen Lohn erhalten. 

Das berichtete auch ein weiterer Angeklagter. Auch ihm sei sein Handy abgenommen worden, das Gelände in Radevormwald habe er nicht verlassen dürfen. «Ich wusste zunächst nicht, dass es um illegale Zigarettenproduktion ging. Erst im Laufe der Zeit wurde mir bewusst, dass es illegal sein musste.» 

Seit 24. Oktober sitzen die Angeklagten in Untersuchungshaft. Laut den Staatsanwältinnen konnten die Maschinen in den Fabriken 2.500 Zigaretten pro Minute produzieren. Es seien Tabaktrockner, Filteranlagen und eine Verpackungsstraße sichergestellt worden. «Die Bande arbeitete sehr konspirativ», berichteten sie.

Toilettenpapier als Tarnung

So habe es Tarnladungen etwa mit Toilettenpapier gegeben. Die Zigaretten-Paletten mit gefälschten Markenverpackungen etwa von Marlboro, Richmond und Chesterfield seien mit schwarzer Folie umwickelt worden. 

Es seien auch Detektoren zum Aufspüren von Kameras entdeckt worden und 24 verschiedene Firmenstempel. Über die Tabakmengen, 139 Tonnen, sei Buch geführt worden. Sie seien zu 76 Tonnen Feinschnitt verarbeitet worden. Die Arbeiter hätten in Containern geschlafen.

Laut Anklage fehlte ein wichtiges Detail auf den gefälschten Verpackungen: Die Banderole mit dem Steuerzeichen. Dem Fiskus entging so entsprechend die Tabaksteuer. Durch einen Informanten-Tipp aus der Szene seien die Ermittler auf die Umtriebe aufmerksam geworden, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. 

Immerhin sollen unter den Angeklagten drei Verantwortliche für die Produktion vor Ort sein, die 5.000 Euro pro Monat erhalten sollten. Die Drahtzieher und Finanziers des Produktionssystems sitzen nicht auf der Anklagebank. Sie konnten bisher nicht ermittelt werden.

Millionen Zigaretten

In den Fabrikhallen sollen fast 17 Millionen unversteuerter Zigaretten produziert worden sein. Der mutmaßliche Gesamtsteuerschaden für beide Produktionsstätten liegt laut Anklage bei 4,9 Millionen Euro. 

Der Prozess des Landgerichts Wuppertal läuft im Prozessgebäude des Oberlandesgerichts Düsseldorf, bis Anfang Juli sind rund 20 Verhandlungstage eingeplant. Dolmetscher übersetzen im Saal in drei verschiedene Sprachen.

Die gut 40 Kilometer voneinander entfernten illegalen Produktionsanlagen waren im Oktober bei einer gemeinsamen Razzia von Polizei und Zoll aufgeflogen. Die Ermittler hatten komplette Produktionsstraßen entdeckt. Der Prozess wird fortgesetzt.

© dpa-infocom, dpa:250505-930-502435/1