Viel Widerstand gegen Realschule mit Hauptschulgang
Sind Realschulen mit Hauptschulzweig eine praxisnahe Antwort auf örtliche Versorgungsengpässe oder läuten sie das Ende des gegliederten Schulwesens ein? In NRW steht eine umstrittene Änderung an.


Düsseldorf (dpa/lnw) - Realschulen in Nordrhein-Westfalen sollen dauerhaft die Möglichkeit erhalten, einen Hauptschulbildungsgang ab Klasse 7 einzurichten. Das soll vor allem dann genehmigt werden, wenn eine öffentliche Hauptschule nicht in erreichbarer Nähe vorhanden ist. Das sieht eine geplante Schulrechtsänderung vor, die am Mittwoch vom Düsseldorfer Landtag verabschiedet werden soll.
SPD und FDP haben bereits angekündigt, den Gesetzentwurf abzulehnen. Die Novelle könnte aber allein mit den Stimmen der schwarz-grünen Koalitionsfraktionen den Landtag in zweiter Lesung passieren. Auch die AfD will zustimmen.
Werden Kinder noch begabungsgerecht unterrichtet?
Viele Schul- und Elternverbände haben sich ebenfalls gegen die Änderung ausgesprochen. Der Philologenverband betrachtet die Pläne als «Angriff auf das begabungsgerechte, gegliederte Schulwesen». Auch der Verband Lehrer NRW sieht höchstens finanzielle Vorteile für Schulträger, aber keine pädagogischen.
Bislang gibt es einen solchen integrierten Hauptschulbildungsgang lediglich als Übergangslösung an insgesamt 18 Realschulen landesweit - vier dieser Angebote laufen aus. Mit der Neuregelung soll daraus eine dauerhafte schulgesetzliche Bestimmung werden.
Furcht vor der Einheitsschule
Realschulen, die bereits einen Hauptschulbildungsgang ab Klasse 7 anbieten oder künftig anbieten wollen, soll zudem ermöglicht werden, künftig schon ab Klasse 5 damit zu starten. Aus Sicht des Philologen- und des Lehrerverbands NRW droht damit «das Ende der Hauptschulen und perspektivisch des gegliederten Schulsystems».
Wenn Realschüler im Klassenverband mit Hauptschülern unterrichtet würden, entstehe de facto eine integrierte Schulform, stellten sie fest. Eine «vor zehn Jahren politisch gewollte, aber von vornherein pädagogisch untaugliche Übergangslösung» werde damit zementiert.
Die SPD-Opposition hatte bereits beim Beschluss des Gesetzentwurfs im Schulausschuss des Landtags moniert, dass die Landesregierung trotz vielfältiger Kritik in einer Sachverständigen-Anhörung keine Änderungen vorgenommen habe. Aus Sicht der FDP-Opposition droht eine planlose Reform ohne Ressourcen.
Laut Gesetzentwurf sind im Haushalt zunächst Mittel für 80 zusätzliche Lehrerstellen als Mehrbedarf verankert, die für insgesamt 32 Realschulen mit Hauptschulgang reichen sollen.
Islamischer Religionsunterricht bis 2031 verlängert
Darüber hinaus sieht der Entwurf vor, die Regelungen zum islamischen Religionsunterricht bis Ende Juli 2031 zu verlängern. Dadurch kann der islamische Religionsunterricht in Zusammenarbeit mit islamischen Organisationen fortgeführt werden, auch wenn diese keine Religionsgemeinschaften im Sinne des Grundgesetzes und der Landesverfassung sind.